Es ist schon surreal, wie schnell man sich an
Ausnahmesituationen gewöhnt. Nachdem mich die Georgie um sechs geweckt indem
sie mir das Gesicht gewaschen hat, bin ich halt die Hühner raus lassen
gegangen. Sie will für alle Mitbewohner nur das Beste, die Gute. Dann leg ich
mich wieder ins Bett , weil ein bissel kalt ist mir dann schon, wenn ich
halbnackt durch den Garten hüpfe. Bin halt nicht so abgehärtet, wie der Schoitl
der gestern in der alten Donau geschwommen ist. Das ist alles so wie immer.
Dann schaltet sich der Radiowecker um sieben ein und der Horror beginnt. Wie
viele neue Infektionen, wie viel Tote es mittlerweile gibt und was so im
Ausland geschieht, natürlich auch nur im Zusammenhang mit Corona, wie die
Börsen abstürzen natürlich auch mit Coronazusammenhang, wie viele Leute sich
heute arbeitslos melden mussten ect. ect.- Normalerweise hätt ich gedacht, würde ich hyperventilierend im Bett liegen
und in ein Plastiksackerl atmen. Aber Dank Greta hab ich keine Plastiksacker
mehr, also kann ich auch nicht hyperventilieren. Aber was ist? Nach einer Woche
Horrormeldungen und Durchforsten leerer Supermärkte registriere ich die Nachrichten
ohne jegliche Gemütserregung. Eigentlich schrecklich, aber ich glaube es ist
gesünder so, weil mehr als Zu Hause beliben kann ich eh nicht.
Aber gerade das mit dem Zu Hause bleiben, hats heute nicht
gespielt. Paradoxerweise musste ich mich um meine verschnupfte Tochter kümmern,
der ihre Nasentropfen und Lebensmittel ausgegangen sind, weil sie krank und mit
drei Kindern behaftet nicht einkaufen gehen kann. Und zweitens habe ich noch
für einen älteren Herren eingekauft, der nicht rausgehen wollte.
Ich glaube ich habs hingekriegt ohne mich zu infizieren.
Abstand gehalten Handschuhe im Supermarkt getragen und wenig geatmet. Nach dem
einkaufen war ich eher blau aber guter Dinge, obwohl der Billa, wo ich
einkaufen war noch immer kein Klopapier gab, aber das wollte Gott sei Dank eh
keiner.
Aber wie ich meine Einkäufe erledigt habe ist mir schon
etwas aufgefallen. Im Gegensatz von Gestern waren fast keine Menschen
unterwegs, weder mit den Autos noch mit Öffis und auch nicht zu Fuß. Es scheint
tatsächlich bei den Menschen angekommen zu sein. Mit meiner Tochter habe ich
auch nur telefonisch kommuniziert, weil der ihren Schnupfen möchte ich auch nicht
haben, der fallt bald die Nase ab. Die Warenübergabe bei dem älteren Herren war
auch sehr konspirativ, wie es halt heute so ist. Die einzigen die absolut keine
Abstand halten sind meine Hunde, so hab ich mehr Körperkontakt, als mir lieb
ist.
Nach diesen humanitären Pflichten, bin ich mit den Hunden
gegangen. Im Wald ist die Population wie immer, nur habe ich mehr ältere
Menschen und Eltern mit Kindern gesehen, die sich auslüften. Aber auch
weniger als am Wochenende. Die Hunde
merken keine Unterschied die haben Spaß, aber ich hatte Zeit zu reflektieren.
Dabei kommen einem die seltsamsten Gedanken. Gestern habe ich an Tschernobyl gedacht,
heute an eine Geschichte, die mir meine Mutter oft erzählt hat. Anfang der
sechziger Jahre war mein Vater 14 Tage in Triest wegen einer
Erbschaftsangelegenheit. Meine Mutter blieb mit meinem Bruder ein Jahr und mir
drei Jahre zu Hause. Damals hatten wir kein Telefon keinen Fernseher nur ein
Radio. Meine Mutter ist mit uns einkaufen gegangen und war sonst mit uns
allein. Wirklich allein. Nach zehn Tagen kam ein weitläufig bekanntes Ehepaar
vorbei, das meine Mutter nicht besonders mochte. Trotzdem ist sie ihnen
schluchzend um den Hals gefallen, weil sie die ersten Menschen waren die nicht
brabbelten oder fragten darfs ein bissel mehr sein. Eigentlich unvorstellbar,
da sitzt du bei schlechtem Wetter 10 Tage zu Hause und hast sowas von keine
Sozialkontakte, wie man es sich heute nicht mehr vorstellen kann. Meiner Mutter
haben sich diese zehn Tage so eingebrannt, dass sie ihr ganzes Leben daran
gedacht hat. Wir bekamen dann sehr bald ein Telefon. Heute haben wir Internet,
Handys 24 Stunden Berieslung Onlinehändler und die Medien sind voll von guten
Ratschlägen wie man seine Einsamkeit bekämpft. Ganz ehrlich für wirklich gefährdete
Personen keine Hilfe und sonst eher Geschwätz oder Allgemeinplätze. Aber es
gibt wirklich lustige Ideen und die kommen natürlich aus Italien, schlechte
Verwaltung schlechtes Gesundheitsystem aber unglaublich tolle Menschen . Die
haben jetzt digitale Abendessen erfunden. Die Leute sitzen vor ihren Computern
essen und trinken und plaudern über Skype. Die lassen sich nicht unterkriegen
und wir auch nicht.
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