Da sitz ich nun müde, ausgepowert mit schwarzen Ringen unter
den Augen und flauschigen Magen. Truthahn is over, oder Truthahn blues.
Und wie wars? Na ja so wie in den letzten Jahren. Man holt
das Ding ab und denkt sich: Wie soll der ins Rohr gehen? Und wird es gelingen?
Wie viele Beilagen usw.
Ab Freitag geht’s dann ans werkeln und nach sechs Truthähnen
haben wir natürlich eine Menge Routine erworben und es geht vieles leichter von
der Hand. Aber immer wieder gibt’s
Aufregungen. Einmal hat das Rohr nur 230 Grad produziert und wir mussten
das Tier mit feuchten Tüchern abdecken. Einmal ist der Geschirrspüler eingegangen
und wir mussten das Geschirr mit der Hand abwaschen, seit damals habe ich zwei
Geschirrspüler. Einen als Backup im Keller und einen in der Küche. Falls der
hin wird brauch ich nur den aus dem Keller holen und anschließen.
Heuer ist auch wieder was eingegangen, nämlich das Bratenthermometer,
aber so Kleinigkeiten können uns nicht wirklich beunruhigen. Was mich eher
beunruhigt ist meine zunehmende Kraftlosigkeit. Irgendwann wird ich das Viech
nicht mehr schleppen können. Dann kommen die Gäste und alle sind hungrig und
durstig. Das liebe ich und wenn wir sie dann alle ins Speisezimmer getrieben
haben und alle sitzen und die Suppe schlürfen, kommt mein erstes Highlight. Ich
sitz draußen vor dem Zimmer rauch eine und höre meinen Freunden beim Essen zu.
Das ist Tiefenentspannug pur. Wenn mich dann einer fragt: Sag warum tuts ihr
euch das eigentlich an? Sag ich nur, weil wir es können. Wir haben jetzt sechs
Truthähne verbrochen und ich weiß immer noch nicht wie der frisch schmeckt, ich
mein mit Beilagen, weil ich nie was ess, weil ich keinen Hunger hab. Die
Christa weiß es auch nicht, aber die Freunde sagen er schmeckt gut und das ist
schön.
Auch diesmal haben sich alle gut amüsiert und hungrig ist
auch keiner geblieben, auch die Hunde nicht, die sich immer in der Küche
einfinden, wenn der Truthahn zerlegt wird. Auch meine Tochter ist immer da,
weil da gibt es die besten Stücke, halt ohne Beilagen, aber wer braucht schon
Kohlsprossen, Selleriepürree mit Walnüssen, Röstwurzelgemüse, Rotkraut,
Stuffing und Cranberrysauce, wenn er die besten Stücke direkt vom Knochen
reißen kann. Und die Leut wundern sich immer, dass ich dann nix essen will.
Dann wird weiter gegessen und dann kommen die Nachspeisen,
Wein Magenbitter Schnaps Kaffee und dann dauerts bis tief in die Nacht. Irgendwann
in der Früh so um zwei gehen die letzten und damit beginnt die Geschichte von
Jenny dem Teufelsbeagel. Um elf hab ich sie noch gesehen wie sie mit einer
unserer Katzen gemeinsame Sache gemacht hat um zu Truthahn zu gelangen. Die
Katze hat ihn aus der Warmhalteschlüssel geklaut und der Jenny was zukommen
lassen. Ihr Schmatzen hat mich alarmiert und ich habe den Unfug unterbunden.
Dann wie alle weg waren, war auch die Jenny weg. Im Haus Nicht im Garten nicht
auf der Straße nicht. Schließlich sind wir leicht beunruhigt aber totmüde
schlafen gegangen. Um sieben war ich wieder auf und such weiter. Ich schrei im
Garten, ich schrei auf der Straße immer mit der Angst irgendjemanden zu wecken
und Ärger zu bekommen. Ich habe nämlich eine ziemlich laute Stimme, wenn es
sein muss.
Keine Jenny. Dann haben wir die Polizei angerufen und
gefragt ob sie in der Nacht einen Beagel verhaftet haben(das haben sie nämlich
schon mal gemacht), dann die Tierschutzhäuser und schließlich meine Tochter, um
ihr zu gestehen, dass wir den Beagel verlegt haben. Andererseits hat die dunkle
Seite in mir sich schon die Vorteile der Beagellosen Zeit vorgestellt. Kein
gekeiffe, keine Diebstähle und andere unangenehmen Ereignisse. Wenn sich jemand
für einen Eurasier entscheidet, will er eines ganz sicher nicht, einen Beagel.
Uns ist er halt passiert.
Um elf Uhr und fünf Geschirrspühlerladungen später will ich
mit den Hunden spazierengehen, um mich auszulüften. Ich will gerade mit den
Hunden das Haus verlassen kommt die Jenny von oben runtergetappelt. Wir waren
sprachlos und ich bin schnell gegangen sonst hätt das Viech die nächsten
Minuten nicht überlegt. Wir haben den oberen Stock x-Mal durchsucht und
gerufen, aber der Hund hat offensichtlich seinen Rausch ausgeschlafen…. Der
Teufelsbeagel.
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